03.04.2025
Innovationsfondsprojekt NAVIGATION testet interprofessionelles Versorgungsmodell für Primärversorgungszentren

Berlin/Hamburg, 01.04.2025. Heute startet in Hamburg und Berlin eine Studie, welche die ambulante Versorgung in Deutschland grundlegend verändern könnte. Im Innova- tionsfondsprojekt NAVIGATION wird ein interprofessionelles Versorgungsmodell für Primärversorgungszentren (PVZ) getestet, das die Versorgungsqualität und den Zugang zur Gesundheitsversorgung signifikant verbessern soll. Das Ergebnis wird darüber ent- scheiden, ob das Modell für PVZ in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wird.
NAVIGATION schafft Evidenz für die Integration von PVZ in die Regelversorgung
Von April 2025 bis März 2027 werden insgesamt 580 Patient*innen einen neuartigen Ver- sorgungspfad durchlaufen. Es handelt sich dabei um ein Best-Practice-Modell, das neue Standards in der interprofessionellen, wohnortnahen Primärversorgung setzen soll. Das Modell wurde im Rahmen des Innovationsfondsprojekts „Nachhaltig versorgt im gemein- denahen Gesundheitszentrum – Gesundheit im Zentrum“ (NAVIGATION) entwickelt und basiert auf den Praxiserfahrungen der beiden Primärversorgungszentren Poliklinik Veddel in Hamburg und des GeKo - Stadtteil-Gesundheits-Zentrum Neukölln in Berlin. Beide Ein- richtungen arbeiten nach den Primary-Healthcare-Richtlinien der WHO und gehören zu den ersten PVZ Deutschlands. Gemeinsam leiten sie NAVIGATION und bieten den innovativen Versorgungspfad in den kommenden zwei Jahren in ihren Häusern an.
Mit der Aufnahme der ersten Patientin beginnt die Interventions- und Evaluationsphase des Projekts. In dieser Phase wird untersucht, ob das Modell die Versorgungsqualität in Deutschland verbessert und wie sich die Kosten im Vergleich zur Regelversorgung entwi- ckeln. Der Fokus liegt auf patient*innenbezogenen Kennzahlen wie Patientenaktivierung, Patientenzentrierung und der Verbesserung der Gesundheitskompetenz. Auch Lebensqua- lität und Lebenszufriedenheit werden erfasst. „Für viele Patient*innen gleicht unsere Ver- sorgungslandschaft einem Labyrinth – sie wissen nicht, welche Leistungen ihnen zustehen und an wen sie sich wenden sollen“, beschreibt Katja Schlegel von der Poliklinik Veddel die Situation vieler Patient*innen. „Mit unserer interprofessionellen Versorgung unter einem Dach bauen wir Barrieren ab. In unseren PVZ gilt: Jede Tür ist die richtige Tür.“
Aufseiten der Krankenkassen begleiten die AOK Rheinland/Hamburg und die AOK Nordost das Projekt. Die Unterstützung einer patientenorientierten, niedrigschwelligen Primärver- sorgung sowie die Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit sind zentrale For- derungen aus dem AOK-Positionspapier zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl. Die wissenschaftliche Evaluation übernimmt die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ergebnisse werden im Oktober 2027 erwartet.
„Mit der Studie schafft NAVIGATION die Evidenz, um eine fundierte Entscheidung über die Integration des interprofessionellen Versorgungsmodells für PVZ in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen“, sagt Dr. Patricia Hänel, Projektleiterin im GeKo - Stadtteil-Gesundheits-Zentrum Neukölln in Berlin.
Gesundheitspolitik, Wissenschaft und Krankenkassen sehen in der flächendeckenden Etablierung von PVZ das Potenzial, die ambulante Versorgung nachhaltig zu verbessern und Versorgungslücken zu schließen. Parallel zur Studie analysiert ein Überleitungsboard unter der Leitung der Frankfurt University of Applied Sciences die rechtlichen und organi- satorischen Voraussetzungen für die Übernahme des Modells in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen.
Das zeichnet die Versorgung im PVZ aus
NAVIGATION will die Fragmentierung des deutschen Gesundheitssystems überwinden und so die Lage der Patient:innen deutlich verbessern:
- Interprofessionelle Versorgung: Patient:innen werden im PVZ von einem fachbereichs- übergreifenden Team versorgt, das aus Community Health Nurses (CHN), Hausärzt*in- nen, Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen besteht. Gemeinsam entwickeln die Fachkräfte einen individuell abgestimmten Versorgungspfad, der auch soziale Faktoren berücksichtigt.
- Intensive Betreuung durch CHN: Das Clinical Leadership wird von einer CHN übernom- men. Die akademisch ausgebildete Pflegefachkraft begleitet die Patient*innen über den gesamten Versorgungsprozess hinweg. Sie ist feste Ansprechperson und initiiert regel- mäßige Gespräche und telefonischen Check-ups. Eine kontinuierliche und persönliche Betreuung wird so gewährleistet.
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Bessere Zugänglichkeit: Die individuelle Gesundheitskompetenz der Patient*innen wird an allen Kontaktpunkten berücksichtigt und gestärkt. Durch den barrierefreien Zugang zu Versorgungsleistungen – sei es durch Unterstützung bei bürokratischen Hürden, Sprachmittlung oder Hausbesuchen – wird eine größere Patientengruppe erreicht, de- ren Versorgung bislang nicht ausreichend sichergestellt ist.
- Empowerment:Patient*innenwerdenaktivdarinunterstützt,ihreRechtegeltendzuma- chen – nicht nur in Bezug auf Gesundheitsleistungen, sondern auch auf andere gesund- heitsrelevante Lebensbereiche. Zusätzlich zur individuellen Beratung gibt es spezielle Gruppenangebote, die auf die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Patient*innen zugeschnitten sind und den Raum bieten, sozialen Determinanten kollektiv entgegenzu- treten. Die Gruppenangebote werden in Kooperation mit der Hamburgischen Arbeitsge- meinschaft für Gesundheitsförderung e.V. konzipiert.
Weitere Informationen zum Projekt NAVIGATION finden Sie auf navigation-im-pvz.de, auf der Webseite des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und auf der projektbezogenen Website des G-BA.
Pressekontakt Hamburg:
Katja Schlegel
Tel.: 0178 537520 schlegel@poliklinik1.org
Pressekontakt Berlin:
Dr. Patricia Hänel
Tel.: 0155 60708837 p.haenel@geko-berlin.de
Fotografin: Claudia Catalan